Nachhaltiges Bauen aus einer Hand

Neubau Maison Westend in Berlin-Charlottenburg

  • Autor Norbert Fiebig
  • Schlagwort 3D-Druck
  • Datum 05.08.2025
Im grünen Berliner Ortsteil Westend, im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf, entsteht derzeit das neue Wohnquartier „Maison Westend“.

Mit dem Berliner Neubauprojekt Maison Westend demonstriert Heidelberg Materials, wie Wertschöpfungsketten im Bauwesen nachhaltig, innovativ und effizient gestaltet werden können: vom Abbruch des alten Gebäudes über das Recycling des Altbetons, die Lieferung von CO₂-reduziertem R-Beton sowie Betonfertig- und Halbfertigteilen bis hin zur Betonüberwachung – alles aus einer Hand.

Im grünen Berliner Ortsteil Westend, im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf, entsteht derzeit das neue Wohnquartier „Maison Westend“. Die Lagrande Group Projektmanagement GmbH und die Berliner Wohnungsbaugesellschaft degewo AG realisieren dieses Projekt gemeinsam. Gebaut wird das Wohnquartier auf einem etwa 11.000 Quadratmeter großen Grundstück an der Reichsstraße, Ecke Spandauer Damm, nahe dem Olympiapark, der Havel und dem Grunewald. Die Planung des Architekturbüros Tchoban Voss Architekten umfasst insgesamt 13 sechs- bis siebengeschossige Wohngebäude, die sich auf den 13 Grundstücksparzellen um einen ruhigen, grünen Wohnhof gruppieren.

Fertigstellung der ersten drei Wohngebäude

 Das neue Quartier wird in mehreren Bauabschnitten realisiert. Die Lagrande Group als Bauherr und Projektentwickler errichtet elf der geplanten 13 Gebäude, die degewo zwei. Die Fertigstellung der ersten drei Wohngebäude der Lagrande Group ist für das zweite Quartal 2025 geplant. Insgesamt werden 256 größtenteils barrierefreie Wohneinheiten mit unterschiedlichen Wohneinheiten von 35 bis 101 Quadratmeter für Singles, Paare und Familien entstehen. Weitere 61 Einheiten, eine Kindertagesstätte sowie ein Spielplatz werden durch die degewo errichtet. Alle Wohnungen verfügen über einen eigenen Balkon oder Mietergarten.

Städtebaulich wird das neue Quartier durch eine kleinteilige straßenbegleitende Bebauung in die vorhandene urbane Struktur eingebunden und so ein harmonischer Übergang zum sich anschließenden gründerzeitlichen Altbaubestand des Ortsteils Westend hergestellt.  Versetzte Traufen betonen den Maßstab des klassischen Berliner Wohnhauses und sorgen für ein belebtes Straßenbild.

Rezyklierte Gesteinskörnung als Zuschlagstoff für RC-Beton

Auf dem Grundstück wurden Mitte der 1960er-Jahre zwei Wohnhochhäuser – eines davon 40 Meter hoch – in Stahlbetonplattenbauweise errichtet. Diese erwiesen sich 2019 zum Zeitpunkt der Übernahme durch die Lagrande Group als nicht mehr sanier- oder instandsetzbar und wurden Ende 2022 bis Anfang 2023 abgerissen. „Wir haben bei der Planung der neuen Wohnanlage Maison Westend im Sinne des nachhaltigen Bauens und der Kreislaufwirtschaft darauf Wert gelegt, den Beton der abgebrochenen Vorgängerbauten, als rezyklierte Gesteinskörnung wiederaufzubereiten und für den Bau der neuen Wohnanlage als Recycling-Beton wiederzuverwenden“, berichtet Yasemin Flohr, Architektin und verantwortliche Projektleiterin der Lagrande Group für das Maison Westend.

Der Abbruch der Wohntürme und die Wiederaufbereitung des dadurch gewonnenen Altbetons übernahm ein Tochterunternehmen von Heidelberg Materials Mineralik, die Berliner RWG I Gruppe.  1985 als Gartenlandschaftsbetrieb gegründet, spezialisierte sich das Unternehmen in den folgenden Jahren auf Abbruch und Baustoffrecycling. „Während wir früher Betonabbruchmaterial zu großen Teilen für den Straßenbau produzierten, wo es hauptsächlich zur Verfestigung des Bodens oder als Frostschutzschicht verwendet wurde“, so berichtet Oliver Schumacher, Geschäftsführer der RWG, „stellen wir heute hochwertige rezyklierte Gesteinskörnung als Zuschlagsstoff für RC-Beton her.“ So wurde das Betonabbruchmaterial der Wohntürme im nahe gelegenen RWG-Hauptstandort am Wiesendamm als hochwertige, zertifizierte rezyklierte Gesteinskörnung wiederaufbereitet und anschließend dem Beton des Neubauvorhabens wieder zugefügt. „Recycelter Betonabbruch“, so Schumacher, „bietet zwei große Vorteile: Zum einen sparen wir damit Primärrohstoffe wie Sand und Kies ein, die als Gesteinskörnungen bei der Betonherstellung eingesetzt werden. Zum anderen lassen sich die beim Recycling anfallenden Feinmaterialien als Brechsande abtrennen und anschließend als alternatives zementhaltiges Roh- oder Füllmaterial wieder der Zementproduktion zuführen.“

Die RWG-Gruppe gehört seit Anfang 2023 zu Heidelberg Materials Mineralik. Langfristiges Ziel ist es, eine Kreislaufwirtschaft zu etablieren und damit bei der Herstellung der Produkte dem Einsatz von rezyklierten Gesteinskörnungen Vorrang gegenüber Primärrohstoffen zu geben. „Die Nachfrage nach RC-Beton wächst kontinuierlich. Mehr und mehr Bauherren, wie eben auch die Lagrande Group, legen Wert darauf, mit RC-Beton zu bauen“, erläutert Oliver Schumacher.

Einsatz von CO₂-reduziertem Beton mit RC-Material

Anfänglich war der Wohnkomplex Maison Westend in Ortbeton geplant. Aus Zeitgründen mussten jedoch bis zu 80 Prozent der Bauteile als Fertig- oder Halbfertigteile aus Beton realisiert werden. „Hier konnten wir die Betonfertigteilsparte der Heidelberg Materials AG einbinden, die sämtliche Decken und Wände als Halbfertigteile sowie Treppen und Balkone produziert und liefert“, erklärt Lars Löwigt von Heidelberg Materials Beton.

„Produziert werden die 4.800 Quadratmeter Elementdecken und 3.000 Quadratmeter Doppelwände für die ersten drei Gebäude als Halbfertigteile im Betonelemente-Werk Lindwerder“, so Vertriebsleiter Bolan Aslan von Heidelberg Materials Betonelemente. „Treppen und Balkone kommen aus unserem Werk in Laußnitz.“

Die Elementdecken und Doppelwände wurden anschließend mit einem um 30 Prozent CO₂-reduzierten Beton evoBuild® inklusive einem 25-prozentigen Anteil rezyklierter Gesteinskörnung mit einer Korngröße von 16 Millimeter verfüllt. „Nachdem wir erfahren hatten, dass der Abbruch der alten Gebäude und die Wiederaufbereitung des RC-Materials durch die Heidelberg-Materials-Tochter RWG erfolgt war, sind wir an die Bauherren herangetreten und haben vorgeschlagen, einen CO₂-reduzierten Recyclingbeton einzusetzen. Allein durch den Zementwechsel, also den Einsatz des von Heidelberg Materials entwickelten evoBuild®, konnten wir eine zirka 30-prozentige CO₂-Einsparung gegenüber herkömmlichem Beton erreichen“, so Lars Löwigt.

Die Verfüllung der Halbfertigteile mit insgesamt zirka 3.500 Kubikmeter Transportbeton erfolgte über Betonpumpen der Heidelberg Materials AG sowie mit Kran und Kübeln. Die Pumpbarkeit ist dabei kein Problem. Loewigt: „Dieser CO₂-reduzierte Transportbeton ist im gängigen Normalbetrieb pumpbar.“ Die Betonüberwachung erfolgt über das Heidelberg Materials Tochterunternehmen BetoTech Baustofflabor GmbH.

© Linus Lintner

"Allein durch den Zementwechsel, also den Einsatz des von Heidelberg Materials entwickelten evoBuild®, konnten wir eine zirka 30-prozentige CO₂-Einsparung gegenüber herkömmlichem Beton erreichen."

Lars Löwigt Heidelberg Materials Beton

Einbau von Betonsensoren zur Erkennung der Frühfestigkeit von Betonen

© Linus Lintner

Ebenfalls von entscheidender Bedeutung bei Bauprojekten ist die Überwachung der Betontemperatur, da sie sich direkt auf Qualität, Festigkeit und Dauerhaftigkeit des fertigen Bauwerks au swirkt. Die Aufrechterhaltung der richtigen Temperatur während des gesamten Aushärtungsprozesses ist für die ordnungsgemäße Hydratation des Betons und die Gewährleistung einer optimalen Festigkeitsentwicklung unerlässlich. Kalte Wetterbedingungen verlangsamen den Hydratationsprozess, was zu einer Verlangsamung der Festigkeitsentwicklung führt. Übermäßige Hitze beschleunigt die Verdunstung von Wasser, was zu Rissen in der Oberfläche führen kann. Die Aufrechterhaltung eines angemessenen Temperatur- und Feuchtigkeitsniveaus erleichtert die optimale Hydratation, so dass der Beton seine beabsichtigte Festigkeit und Haltbarkeit erreichen kann.

Die Überwachung der Temperatur des verbauten Betons auf der Baustelle kann inzwischen auch über digitale Sensoren erfolgen. Beim Neubau Maison Westend, bei dem der CO₂-reduzierte Beton evoBuild® verbaut wird, wurden Betonsensoren direkt in die Ortbetonteile bzw. in die mit Ortbeton zu verfüllenden Betonhalbfertigteile fest verbaut. Die Sensoren mit zwei Temperaturmesspunkten werden an ausgewählten Bewehrungsstäben der zu verfüllenden Bauteile befestigt. Anschließend werden sie per Smartphone aktiviert und einbetoniert. Nach erfolgter Betonage messen die Sensoren alle 15 Minuten die Wärme im Betonbauteil und berechnen mit Hilfe eines Reifegradmodells die Druckfestigkeit des Betons. Im Radius von etwa 12 Metern um das entsprechende Bauteil können die Daten mittels Smartphones und inkludierter App nach Bedarf abgerufen werden. Über einen zusätzlichen Smart Hub als zentrale Schaltstelle besteht die Möglichkeit zur automatisierten Auslesung der Daten.

Die Vorteile dieser Datenerfassung bestehen insbesondere darin, dass die Druckfestigkeit des Betons jederzeit exakt erfasst und auch via Fernüberwachung rund um die Uhr abgelesen werden kann. Damit kann der perfekte Zeitpunkt zum Ausschalen oder Glätten von Oberflächen bestimmt werden. Die drahtlosen Sensoren bieten somit Zeit- und Kostenersparnisse beim Betonbau und verbessern zusätzlich die Qualität und Dauerhaftigkeit von Betonstrukturen. Darüber hinaus können durch eine reduzierte Anzahl an Probekörpern, die von Mitarbeitenden auf der Baustelle hergestellt werden müssen, Kosten eingespart werden. Oftmals werden aber noch Erhärtungswürfel hergestellt. Hierbei wird aber nicht die Temperatur überwacht, sondern die Festigkeit geprüft. Die Sensorik bietet hingegen die Chance auf diese Erhärtungswürfel zu verzichten und – mit Hilfe einer Temperaturmessung - live ins Bauteil „zu schauen“. Die Temperatur wiederum gibt Rückschlüsse auf die Reife des entsprechenden Betons. Dieses ist auch normativ abgedeckt. Nicht verzichtet werden kann hingegen auf die 28 Tage Würfel, die im Rahmen der ÜK2-Überwachung hergestellt werden müssen. „Nach unserer Erfahrung“, so berichtet Lars Löwigt, „bewähren sich diese Sensoren insbesondere beim Einsatz innovativer Betone. Wir arbeiten hier mit klinkeroptimierten und damit CO₂-reduzierten Zementen, haben die Betonrezepturen optimiert und betonieren teilweise bei nicht unbedingt optimalem Wetter. Auch unter diesen Bedingungen erzielen wir, nachdem wir die Sensoren zuvor in unserem Labor kalibriert haben, optimale Ergebnisse und können so die Ausschalungszeiten – und damit die gesamte Bauzeit – bestmöglich verkürzen.“

Nachhaltiges Bauen – KFW 55 und DGNB-Standards

Gebaut wird das Maison Westend entsprechend den aktuellen Anforderungen an das nachhaltige Bauen. Yasemin Flohr berichtet: „Die ersten drei Gebäude werden nach dem von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) entwickelten Standard KfW 55 für energieeffiziente Gebäude errichtet. Diese erfordern lediglich 55 Prozent der Energie eines konventionellen Neubaus und sind daher besonders umweltfreundlich“. Auf eine Zertifizierung durch die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen – DGNB e.V. wurde in diesem Falle verzichtet. „Mit KfW-55 als unserem Standard hätten wir, so unsere Bauphysiker, das DGNB Zertifikat Silber erreicht.“ Die in den späteren Bauabschnitten geplanten acht weiteren Wohngebäude werden das DGNB Zertifikat Gold erfüllen. „Begrünte Dachflächen und der Einsatz von Photovoltaikanlagen sind“, so Yasemin Flohr, „natürlich auch schon bei den ersten drei Gebäuden selbstverständlich, ebenso wie die nachhaltige Konzeption der zwei Tiefgaragen, die mit etwa 100 Stellplätzen mit E-Ladestation versehen ist. Darüber hinaus sind zwei Standorte mit E-Mobilitäts-Hub mit einem Anbieter für Carsharing, E-Bikes und E-Roller geplant.“

“Wir haben bei der Planung der neuen Wohnanlage Maison Westend im Sinne des nachhaltigen Bauens und der Kreislaufwirtschaft darauf Wert gelegt, den Beton der abgebrochenen Vorgängerbauten als rezyklierte Gesteinskörnung wiederaufzubereiten und für den Bau der neuen Wohnanlage als Recycling-Beton wiederzuverwenden.”

Yasemin Flohr Architektin und verantwortliche Projektleiterin der Lagrande Group

Nachhaltiges Bauen aus einer Hand

Neubau Maison Westend in Berlin-Charlottenburg

© Linus Lintner

Projektdaten

  • Projekt: 
    Neubau Maison Westend in Berlin-Charlottenburg
  • Bauherr; Auftraggeber:
    Lagrande Group Projektmanagement GmbH, Berlin, gemeinsam mit der Berliner Wohnungsbaugesellschaft degewo AG
  • Architekt:
    Tchoban Voss Architekten, Berlin
  • Energetisches Konzept/Nachhaltigkeit:
    KfW 55
  • Abbruch, Altbetonaufbereitung und rezyklierte Gesteinskörnung:
    RWG I Gruppe, Berlin
  • Beton, Recyclingbeton:
    C30/37 XC4,XF1, evoBuild 70 CO₂-reduzierter Beton, CSC Level 1; C30/37 XC4,XF1, evoBuild R30 Recycling Beton ; Heidelberg Materials Beton DE GmbH, Berlin
  • Betonfertig- und Halbfertigteile:
    Heidelberg Materials Betonelemente DE GmbH & Co. KG, Werk Jessen (Elster) – Sachsen-Anhalt
  • Betonüberwachung:
    Betotech Baustofflabor GmbH, Bereich Berlin
  • Zement:
    CEM III/A 32,5 N LH (na); CEM II/B-S 42,5 N; Heidelberg Materials, Werk Königs Wusterhause
  • Geplante Fertigstellung:
    2025
© Linus Lintner

Produkte und Links

Hier finden Sie eine Übersicht unserer Produkte und Lieferwerke.

  • Betonüberwachung:
    Betotech Baustofflabor GmbH, Bereich Berlin
  • Zement:
    CEM III/A 32,5 N LH (na); CEM II/B-S 42,5 N; Heidelberg Materials, Werk Königs Wusterhause

Kontakt

Bei Fragen oder Anregungen können Sie uns jederzeit kontaktieren.

ingo.vollbrecht@heidelbergcement.com
lars.loewigt@heidelbergmaterials.com

Heidelberg Materials Beton
RWG-Gruppe Berlin
Heidelberg Materials Betonelemente
Lagrande Group Projektmanagement GmbH

  • Hier können Sie im Artikel zwischen zwei Ansichten wechseln: Anwendung und Fakten.

  • Hier können Sie einen Artikel als Ihren eigenen Favoriten markieren.

  • Kein langes scrollen, einfach schnell wieder an den Seitenanfang.

  • Hier bekommen Sie die Antworten auf Ihre dringensten Fragen.

Teile diesen Artikel

Favoriten hinzugefügt!

Favoriten entfernt!